Skip to main content Skip to page footer

Agios Nikolaos Januar 2015

Ein Bericht von Ray Hodson, Vorwort von Ines Leeuw

Auf unseren Kastrationsaktionen begleitet uns mittlerweile immer eine von uns angelernte Op-Schwester. Es ist schön, wenn man sich ohne Worte auf einander verlassen kann und man mit jemandem arbeitet, dessen Herz genauso schlägt, wie das eigene. Seit nunmehr 2 Jahren habe ich Ray von meiner Kollegin Nina geerbt. Ray ist mittlerweile fast 65 Jahre alt und hat vor 48 Jahren in England als Tierarzthelfer gearbeitet.
Nina hat Ray auf den neusten Stand der tiermedizinischen Helfertätigkeit gebracht und mir gut erhalten vermittelt. Nachdem Ray einen Herzinfarkt und Schlaganfall hinter sich hatte, hat er es sich trotzdem nicht nehmen lassen, mit uns Seite an Seite für den Tierschutz zu kämpfen. Mit seiner Frau habe ich ein Abkommen getroffen, dass ich ihn nicht zu hart ran nehme. Aber es gibt oft oder fast immer Tage, an denen wir länger als 8 oder 10 Stunden arbeiten. (Das sind dann die einzigen Geheimnisse, die er vor seiner Frau hat) Auch wenn ich Ray bestimmt in den Feierabend schicke, legt er mir wortlos die nächste Katze auf den Tisch oder bereitet alles für den nächsten Hund vor.
Er hält mir den Rücken frei, kommuniziert mit den vielen Tierschutzdamen auf seine charmante englische Art, schenkt jedem seine Aufmerksamkeit, ob Mensch oder Tier und ist für uns alle ein nicht mehr wegzudenkender Kastrationsbegleiter.
Ich bewundere Ray immer wieder für sein Durchhaltevermögen, seine Korrektheit und seine ewig gute Laune! Ich möchte mich ebenfalls dafür bedanken, dass Ray diesen Op-Schwester-Job ehrenamtlich durchführt und sich sogar dafür schämt, wenn wir ihm die Buskosten erstatten.

Leider hat er eine Stunde später seinen letzen Atemhauch getan. Ich habe mit Ines ihren Schmerz geteilt. Diese Verluste waren so unnötig. An dieser Stelle fragt man sich dann immer: Warum??? Gibt es keine Gerechtigkeit da oben? Oder niemand, der eine Hand über die armen Geschöpfe hält?

Während der Vorbereitungen für die nächsten 4 Tage haben wir noch nicht ahnen können, welche Dramen sich abspielen werden. Alles lief gut, bis uns der 1. Notfall angekündigt wurde. Die Katze sollte einen Autounfall gehabt haben. Die Damen, die uns bei unserer Arbeit unterstützen, brachten einen riesigen Pappkarton von mindestens 1 Meter Höhe in den Op. Der Deckel war blutverschmiert und wir befürchteten eine halbtote Katze vorzufinden. Vorsichtig öffneten wir den Karton und eine sehr verängstigte weiße Katze schaute uns ziemlich lebhaft entgegen. Wir konnten keine offensichtlichen Zeichen einer Verletzung entdecken. In diesem Moment entschied sich die Katze für einen Fluchtversuch und flog an uns vorbei und suchte Schutz unter dem nächsten Schrank. Ines bewaffnete sich mit einer Narkosespritze und verschwand ebenfalls unter dem Schrank. Nachdem die Katze in Narkose lag, konnte sie genauer untersucht werden. Es konnten keine Wunden oder andere Verletzungen entdeckt werden. Leider waren beide Ohren durch einen Tumor gekennzeichnet. Das ist ein häufiges Problem bei weißen Katzen in Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung. Beide Ohren mussten amputiert werden, um das Tumorwachstum zu stoppen. Die Katze würde für einige Tage in der Klinik bleiben, um sich von der Op zu erholen.

Immer noch wunderten wir uns, woher das viele Blut gekommen ist. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass bei der Rettungsaktion, die Retterin durch die Katze verletzt wurde. Die Kastrationskampagne verlief normal, wenn man mal von den Amputationen, die an diesem Tag stattfanden, absieht. Nachdem der weißen Katze beide Ohren abgenommen werden mussten, hatten wir auch einige Patienten, denen ein Augapfel entfernt werden musste. Auch dies ist ein häufiges Problem bei Strassenkatzen, die ihr Augenlicht durch eine unbehandelte Katzenschnupfeninfektion verloren haben oder bei einem Kampf mit einem Artgenossen, um das Territorium oder Futter. Einem kleinen Kater musste ein großer Teil seines Schwanzes abgenommen werden. Durch einen Unfall war der untere Teil schon leblos und hing vereitert an dem Rest des Tieres. All diese Katzen mit ihren Zusatzoperationen mussten natürlich in der Klinik bleiben und konnten nicht am nächsten Tag wieder auf die Strasse entlassen werden. Sie brauchten über mehrere Tage Schmerzmittel und Antibiotika. Große Gitterboxen wurden aufgestellt, um den Patienten ein bißchen mehr Komfort (kleines Hotelzimmer mit Bad) für die nächsten Tage zu bieten.

Wieder wurde die Arbeit im Op durch einen weiteren Notfall unterbrochen. Eine schwarze junge Katze ist regungslos auf der Strasse gefunden worden. Eine weitere große Box wurde für unseren Patienten im Op aufgestellt. Durch die begrenzten diagnostischen Möglichkeiten konnten nur die Symptome behandelt werden. Doch das wichtigste war zuerst einmal die total ausgetrocknete und unterkühlte Katze zu stabilisieren. Während wir den Venenkatheter schoben, musste das kleine Wesen bereits mehrmals wiederbelebt werden. Erst als warme Kochsalzlösung in ihre Adern floss, stabilisierte sie sich. Elektrische Heizdecken und Wärmelampen wurden für unseren besonderen Notfall herbeigeholt.

Bevor der Tag zu Ende ging, kam ein weiterer Dauergast zur Kastration. Ein großer rot-getigerter Kater hatte eine riesige Kruste an der Stirn zwischen Auge und Ohr. Bei näherer Betrachtung verbarg sich darunter ein riesiges Abszess. Wenn die Kruste abfällt, wird ein großes Hautareal fehlen, dass durch eine Hauttransplantation wieder geschlossen werden muss.

Das Wetter für den 2. und 3. Kastrationstag war grauenhaft. Donner, Blitz und dauerhafter Regen machten es den engagierten Katzenfänger fast unmöglich die Strassenkatzen in die Fallen zu locken. Wie dem auch sei, leider sorgte es nicht dafür, dass die Notfälle abrissen. Als nächstes wurde uns eine Katze mit einem gebrochenen Hinterbein vorgestellt. Die Schwellung des Beines war so schwerwiegend, dass Ines Schwierigkeiten hatte, den Bruch zu fühlen. Die kleine Katze war bei der Untersuchung so tapfer, dass es uns fast unmöglich machte, zu glauben, sie hätte ein gebrochenes Bein. Kein einziger Laut und keine einzige Abwehrbewegung war von der kleinen Katze zu vernehmen. Ines forderte ein Röntgenbild von dem Bein. Sofort wurden Telefonate geführt, ein Fahrer gefunden, ein weiterer Käfig für die Katze bereitgestellt und eine Behandlung mit Schmerzmittel etc. eingeleitet. Am nächsten Tag sollte die Katze in Heraklion geröntgt werden. Der Knochen war kompliziert gebrochen. Ein Spezial-Op war für das Tier erforderlich, um in Zukunft wieder auf allen 4 Beinen laufen zu können.

Der weitere Tag verlief vergleichsweise ruhig. Einige Katzen mussten ebenfalls bleiben, da ihnen einige bis alle Zähnen gezogen werden mussten. Auch sie sollten den Luxus auf Schmerzmittel für die nächsten Tage erhalten. Man kann sich nur zu gut vorstellen, welche Schmerzen von faulen Zähnen ausgehen können. Wir Menschen gehen schon bei dem 1. Anzeichen von Zahnschmerz zum Zahnarzt. Manche Tiere müssen jahrelang solche Schmerzen ertragen. Manchmal haben sie nur ein einziges Mal in ihrem Leben die Gelegenheit, von einem Tierarzt untersucht zu werden. Deshalb wird bei der Kastration das gesamte Tier untersucht, um faule Zähne, Verletzungen, entzündete Ohren etc. zu behandeln.

Der letzte Tag brachte leider keine Erleichterung bezgl. des Wetters oder der Dramen, die sich im Op abspielten. Bei einem großen roten Kater wurde Gelbsucht festgestellt. Auch er musste für eine Weiterbehandlung bleiben. Die kleine schwarze Katze mit der Untertemperatur vom 1. Tag hat heute aufgegeben, obwohl sie so gekämpft hat, obwohl die ehrenamtlichen Helferinnen ihr jeden Wunsch von den Augen abgelesen haben und obwohl sie jede medizinische Unterstützung bekommen hat, die möglich war.

Aber damit war der traurige Teil des Tages noch nicht zu Ende. Ein kleiner schwarz-weißer Kater, der in Narkose gelegt wurde, zeigte schwere Atemnot. Die sofort eingeleiteten Notfallmaßnahmen weckten ihn wieder aus der Narkose auf. Er hatte offensichtlich ein gerissenes Zwerchfell. Leider hat er eine Stunde später seinen letzen Atemhauch getan. Ich habe mit Ines ihren Schmerz geteilt. Diese Verluste waren so unnötig. An dieser Stelle fragt man sich dann immer: Warum??? Gibt es keine Gerechtigkeit da oben? Oder niemand, der eine Hand über die armen Geschöpfe hält? Der Tag ging ruhig zu Ende. Die schlimmsten Notfälle packte Ines in ihr Auto, um sie Zuhause weiterbehandeln zu können. Die leichteren Fälle blieben in der Klinik und werden von den ehrenamtlichen Helfern weiterversorgt. Ich bewundere diese Damen, die ihre Hilfe für die Strassentiere anbieten und selten bis gar keine Dankbarkeit von ihren Patienten erhalten. Sie haben keine medizinische Ausbildung, aber befolgen die Anweisungen des Tierarztes bis auf das Genaueste. Sie schenken den kleinen Patienten Liebe, Respekt und Pflege, damit sie in Ruhe ihre Wunde heilen können.
Respektvoll zur Ihrer Kenntnisnahme, Ray Hodson

Helfen

Der Förderverein Arche Noah Kreta e.V. ist ein tiermedizinisch orientierter Tierschutzverein, dessen Schwerpunkt die Kastration von Straßentieren ist. Das Team besteht aus mehreren Tierärztinnen und Helferinnen, die international Kastrationsaktionen durchführen.
Jeder bekommt eine Chance auf ein besseres Leben! All das wird nur möglich durch Ihre Spende!

Jetzt spenden!

In vielen unserer Projekte werden regelmässig Helfer benötigt. Manchmal brauchen wir tiermedizinisch vorgebildete Unterstützung. Manchmal einfach Menschen, die die Tiere vor und nach der OP betreuen, Boxen waschen und anpacken, wo Hilfe benötigt wird. Wenn Ihr der Meinung seid, dass wir Euch kennenlernen sollten, sendet uns eine Email an   jobs@tieraerztepool.de.
Oft aber kann jeder einfach helfen - so zum Beispiel bei den Kastrationsprojekten auf Rhodos oder in Epanomi. Hier werden Leute benötigt, die Katzen vom und zum Fangort fahren, Fallen und Boxen reinigen usw.

In den Helfergruppen auf Facebook könnt Ihr Euch vernetzen:

  Flying Cats e.V. - Kastrationsprojekt Rhodos - Helfer

  ACE - Tiere in Not (Epanomi)

TierInsel Umut Evi e.V.: Kontaktaufnahme über tierinsel-tuerkei-vorstand@t-online.de