Sapartoc - ein kleines Paradies für Esel
Oder: Wir machen das Logo der Arche wieder komplett!
Ein Bericht von Nina Schöllhorn, Tierärztin
Esel - sie haben etwas an sich, das man schwer beschreiben kann. Wer schon einmal etwas Zeit in der Nähe eines Esels verbringen durfte, der weiß genau was ich meine: Sie haben eine solch friedvolle, gelassene und positive Ausstrahlung, die sehr schnell auf einen übergreift. Ganz automatisch senkt sich der Puls und man beginnt tief und entspannt zu atmen, sobald man in ihrer Nähe ist.
Seit ich denken kann bin ich fasziniert von diesen Langohren. Vielleicht trug meine Mutter auch ihren Teil dazu bei, als sie mir immer und immer wieder (auf meinen Wunsch natürlich) das Buch „ Mein Esel Benjamin“) vorlas. Wann immer ich Eseln begegnete, waren diese Begegnungen sehr emotional. Ich besuchte zwei Eselgnadenhöfe auf Kreta und empfand diese als wunderschöne Orte.
Doch meist waren es tief traurige Emotionen, die Esel in mir auslösten. Denn Esel sind für mich die Sklaventiere schlechthin. Seit Menschengedenken werden sie missbraucht für unsere Zwecke. Sie werden ausgebeutet, misshandelt und sträflich vernachlässigt. Die Lasten, die man ihnen auflädt, übersteigen das Zumutbare bei weitem. Sie begegnen mir als gebrochene Wesen, denen jede Lebensfreude und Würde genommen wurde. Diese Begegnungen ließen mich schon immer hilflos und ohnmächtig zurückbleiben.
Während unserer Kastrationsaktionen in Slatina, begegnete mir seit Jahren immer wieder ein Eselgespann mit drei Eseln. Es waren sehr kleine und alte Esel, die stets einen schwer beladenen Wagen zogen. Sehr langsam, mit hängenden Köpfen bewegten sie sich durch das Verkehrschaos. Sie waren innerlich tot, sie hatten aufgegeben. Dieser Anblick traf mich zutiefst und mir blieb nichts anderes als meinen Blick beschämt zur Seite zu wenden. Immer wieder. Warum tun wir Menschen unseren Mitgeschöpfen so etwas an?
Dann kam der Tag, an dem es nur noch zwei Esel waren. Es war offensichtlich, was passiert war. In diesem Jahr dann lief mir ein Schauer über den Rücken. Es war nur noch ein Esel. Der winzige, alte Esel zog nun das Gewicht, das ehemals drei gezogen haben. Der Anblick war so herzzerreißend, dass wir, ohne groß nachzudenken, das Auto stoppten und der Kutsche nachliefen, um mit dem Besitzer zu sprechen. Natürlich war mein verzweifelter Gedanke, den Esel frei zu kaufen.
Doch eigentlich war die Antwort des Besitzers vorhersehbar: Er ist auf den Esel angewiesen, er braucht ihn als Transportmittel. Als ich mir den Mann genauer ansehe, wird mir schlagartig bewusst, dass dieser Mensch kein besseres Leben führt als sein Esel. Er beschreibt uns wo er wohnt und mir fehlen die Worte. Als wir uns verabschieden meint er: Der Esel ist alles was ich habe. Ich kann nur beschämt zu Boden schauen.
Die Wahrheit ist oftmals nicht so einfach zu entdecken, wie es auf den ersten Blick erscheint. Zu urteilen fällt immer leicht. Doch oft stehen wir vor Zusammenhängen, die kompliziert sind und letztlich gibt es einfach nicht immer eine gute Lösung. Traurig muss ich mich damit abfinden.
Wenige Tage später erfahre ich von zwei Eseln, die ausgesetzt wurden und im städtischen Tierheim von Slatina gelandet sind. Tatsächlich werden auch Pferde und Esel ausgesetzt in Rumänien, wenn sie als nicht mehr tauglich erachtet werden. Ein städtisches Tierheim in diesem Land ist natürlich kein guter Ort für Esel und auch nicht für andere Tiere. Sofort habe ich das Gefühl, dass dies kein Zufall ist. Dies ist die Chance, endlich etwas für Esel tun zu können. Endlich diesen armseligen Geschöpfen die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie verdient haben. Eseln nach einem Leben voller Entbehrungen und Leid, einen würdevollen Lebensabend zu ermöglichen. Ich wollte glückliche Esel erleben! Ich wollte miterleben, wie sie aufblühen, Lebensfreude entwickeln und ihren Charakter ausleben können. Ich wollte diese Esel retten!
Natürlich kann ich solch ein Vorhaben nicht alleine stemmen, doch nach einigen Telefonaten stand fest: Ich bekomme die Unterstützung, die ich brauche, um dieses Vorhaben anzugehen. So besuche ich die beiden und es ist offensichtlich, dass hier einiges im Argen liegt. Die Hufe müssen dringend gemacht werden und sie leiden unter Parasitenbefall. Ich möchte also keine Zeit verlieren.
Ab dann ging alles Schlag auf Schlag. Ein passendes Grundstück war schnell gefunden, dann ging es aber darum, das Gelände so vorzubereiten, dass die Esel möglichst schnell umziehen konnten. Und hier kam unser beeindruckendes Bauteam aus Deutschland zum Einsatz. Ich kann es noch gar nicht recht fassen, was in der Kürze der Zeit alles realisiert werden konnte und dass sie jetzt tatsächlich bei uns sind, die beiden!
Als ob sie wussten, dass ab jetzt alles gut ist, haben sie ihr neues Zuhause betreten. Von Anfang an waren sie uns gegenüber vertrauensvoll und neugierig. Sie sind entspannt und machen schon jetzt einen glücklichen Eindruck. Es soll ihnen von nun an an nichts mehr fehlen. Das Grundstück und der Stall sind ideal für Esel. Wir konnten Daniel, der direkt nebenan wohnt, dafür gewinnen, sich tagtäglich um die Esel zu kümmern. Und ich selbst werde, wann immer es möglich ist, Zeit mit den beiden verbringen. Natürlich werden wir sie auf Spaziergänge und kleinere Wanderungen mitnehmen, es soll ihnen nicht langweilig werden bei uns. Auch fände ich es schön, wenn der ein oder andere von Ihnen die beiden besuchen kommt. Das Dörfchen Sapartoc, in dem sie leben, ist winzig klein, abgelegen und umgeben von ursprünglicher Natur und einer traumhaften Landschaft. Übernachtungsmöglichkeiten sind vorhanden. Und den einen oder anderen Hund, um den wir uns kümmern und der ein Zuhause sucht, werden Sie dort auch finden.
Wer weiß, vielleicht wird es nicht bei den beiden Eseln bleiben? Wer weiß, vielleicht klopft noch ein weiterer an unser Stalltor und bittet um Einlass? Ich bin gespannt, was sich noch alles ergeben wird, in diesem kleinen vergessenen Dörfchen namens Sapartoc, in dem sich ein paar Menschen zusammen gefunden haben, die einen Ort schaffen wollen, in dem Mensch und Tier friedlich in Gemeinschaft und gegenseitiger Wertschätzung leben können.
Ich danke von Herzen allen, die zur Realisierung dieses Projektes beigetragen haben:
Gregor, Thomas, Bente, Oliver, Markus, Seppi, Daniel, Delia, Gabriel, Tierisch Menschlich e.V., kids4dogs, Claudia Kemper und vielen, vielen mehr!
Ihr alle habt dazu beigetragen, das Logo unseres Vereins nach vielen Jahren wieder komplett zu machen!