
Ein Bericht von Thomas Busch, Tierarzt und 1. Vorsitzender
Man höre und staune, aber mein Artikel „5 Wochen auf Kreta“ sprengte alle bisherigen Reichweiten.
Sehr viele, nette Kommentare erreichten mich. „Nicht hochgewischt, bis zum Ende gelesen, niemals Arthrosen“ ließen mich schmunzeln.
Gibt es also doch noch Menschen, die den Kurzgeschichten, Bildern und Kurzvideos auf sämtlichen Socialmedia-Plattformen nicht völlig erlegen sind und ich hoffe gleichfalls, dass die junge Generation mir verziehen hat. Weiß ich natürlich auch, dass nicht jeder junge Mensch sein Smartphone als fünfte Extremität ansieht.
Ihr Interesse an unserer Arbeit ehrt Sie und deshalb fühle ich mich verpflichtet, ein Update zu liefern:
- „Unsere“ Praxis in Rethymno, die NLP (New Life Practice), ist fast fertig gestellt. Wir warten noch auf einige Papiere und werden dann die Genehmigung beantragen. Auch wird die Spenderin ihrer Praxiseinrichtung aus Berlin, Dr. Ilona Skolarski, erneut nach Kreta kommen und sehen, wie ehrenvoll wir mit ihrer Spende umgegangen sind. Sie wird die Kollegin vor Ort, die dort arbeiten wird, mit ihren ehemaligen Gerätschaften vertraut machen und so wie ich Ilona kenne, auch die ersten Patienten mit betreuen.
- Die Projekte mit Zero Stray Pawject laufen auf Hochtouren. In der Gemeinde Plakias operierten wir mit zwei Tierärztinnen vom Tierärztepool. Chania ist am kommenden Wochenende dran und wahrscheinlich schon vorbei wenn ich diese Zeilen veröffentliche.
Chania, eine Stadt, die sich über Jahrzehnte weigerte, Kastrationen in Kooperation mit unserem Verein anzubieten. Wir sind sehr gespannt! - Unser Hunde-Opi, den ich halbtot von der Polizeistation in Rethymno abholte, lebt immer noch. Zwar schläft er nach wie vor viel, aber das NLR (New Life Resort) gehört inzwischen ihm. Seine Pieselrunden, zwar mit wackeligem Gang, sind legendär und wenn einer von uns Zweibeinern seinen Weg kreuzt, wackelt sein Schwänzchen. Der Hunger ist da und ein voller Napf im NLR garantiert.
- Die Hündin mit dem zerfetzten Vorderbein, in die ich mich leicht verliebt hatte, ist extrem gut drauf. Schauen Sie sich die Bilder an. Ist das nicht Wahnsinn? Aber glauben Sie mir, ihre Betreuung und die ständigen Verbandswechsel forderten vom NLR-Personal den ganzen Einsatz. Der Tierarzt in Rethymno röntgte direkt nach dem Unfall die Beine, weil wir wissen wollten, ob etwas gebrochen war. Wir waren erleichtert, als die Bilder keine Brüche aufzeigten. Sarah, wie sie inzwischen heißt, trat aber mit ihren Hinterbeinen nicht so auf, wie es sein sollte. Also röntgten wir erneut und diesmal auch ihr Becken. Leider war der Oberschenkelkopf herausgesprungen. Eine OP steht an, die wir vor Ort nur ungern durchführen. Also buchten wir Sarah im Frachtraum ein und werden sie nach Frechen bei Köln zu Nassima und Mike bringen. Die beiden haben dort eine Klinik und werden meinen Schatz wieder herrichten, dass Sarah in Kürze wieder so laufen kann, wie es ihre Natur bestimmte. Und ab dann suchen wir für sie ein neues Zuhause.
- Die drei (eigentlich waren es ja vier) Hunde, die wir am Friedhof einfingen, haben sich super entwickelt. Der Welpe, unsere kleine Sweety, hat bereits ein neues Zuhause gefunden und die Adoptantin kamen sogar zur Abholung persönlich nach Kreta. Großartig!
Die Mama, Rosi, flog auf eine Pflegestelle in München und hat bereits Interessenten. Sie ist aber auch zuckersüß!
Mein hellbrauner Schatz Leyla, die mich vor lauter Angst vor Wochen am liebsten gebissen hätte, hat mit endlos vielen Trainingsstunden (Danke an alle, die sich stundenlang zu ihr setzten) Vertrauen gefunden und geht bald zu einer Hundetrainerin in Süddeutschland. Sie ist schon viel, viel besser geworden, aber mit ihr muss weiter gearbeitet werden.
Somit ist nur noch die schwarzbraune Hündin Naja übrig, die sich aber auch immer mehr den Menschen zuwendet. Ängstliche Tiere vermitteln wir nicht direkt an neue Besitzer, weil die Erfahrung zeigt, dass „normale“ Menschen mit so etwas schnell überfordert sind. Und wir möchten deutschen Tierheimen keine Tiere „andrehen“ die dort ewig lange sitzen bleiben. Demnach ist die Vermittlung und Weitergabe kompliziert, aber das wissen wir und können, dank unseres NLR´s, darauf reagieren und die Tiere so lange bei uns lassen, bis wir sicher sind, geeignete Stellen gefunden zu haben. - Ich selbst hatte mich nach den fünf Wochen auf Kreta in mein Häuschen in Holstein zurückgezogen und war heilfroh, niemanden zu sehen. Ich brauchte Ruhe, um mich zu orientieren und um Kraft zu tanken. Die Dinge, die nach so langer Abwesenheit liegengeblieben sind, scheinen im ersten Moment unendlich zu sein und es bedarf Tage, sie abzuarbeiten.
- Unsere Mitgliederversammlung steht an (28.06. am Bodensee) und wir erwarten an diesem Tag mit Hochspannung das Ergebnis einer zweijährigen Dokumentararbeit. Max Fohrer wird seinen einstündigen Film über die Arbeit des Tierärztepools präsentieren. Max reiste in alle Länder, in denen wir operieren - mehrmals. Seine Kamera begleitete uns in die Hitze Afrikas, in die Tierheime Kretas und an die OP-Tische Rumäniens. Er interviewte verantwortliche Gemeindeangestellte auf Rhodos, begab sich mitten in aggressive Hunderudel im Norden Griechenlands und produzierte einen sehr authentischen Film über unsere Mission. Nicht reißerisch, eher neutral, teilweise künstlerisch aber immer im Fokus, dass die Kastrationen die einzig humane Lösung der Straßentierproblematik sind. Sein Film beschreibt die Problematik der Straßentiere, die häufige Ignoranz der Politik, die schrecklichen Versuche, die Tiere auf andere Art und Weise loszuwerden und endet dort, wo wir seit Jahrzehnten stehen - am OP-Tisch.
Mehr verraten wir aber nicht und wünschen uns so viele Mitglieder und Gäste wie möglich. Möchten Sie die Erstaufführung miterleben, melden Sie sich bei Jana Meyer kurz an, wir versprechen, dass Sie es nicht bereuen werden.
Bis nächsten Samstag,
Ihr
Thomas Busch
Zero Stray Pawject schult, konzipiert und führt in Zusammenarbeit mit lokalen Regierungen Programme durch, die die Zahl streunender und heimatloser Haustiere nachhaltig reduzieren und den Tierschutz, die öffentliche Sicherheit, die öffentliche Gesundheit und die lokale Wirtschaft verbessern.