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Rhodos Herbst 2020

Ein Bericht von Andrea Wegner | Vorsitzende Flying Cats e.V.

Coronazeiten machen die Organisation unserer Kastrationsaktionen sicher nicht einfacher, aber wenn wir es nicht wagen, unser Projekt, das seit acht Jahren in Zusammenarbeit mit dem Tierärztepool erfolgreich auf Rhodos läuft, aufrechtzuerhalten, werden wir einen Rückschritt erleiden, der unsere harte jahrelange Arbeit leicht zunichtemachen könnte.
Für die Streuner von Rhodos war schon der abrupte Abbruch unserer Aktion nach nur einer Woche im März dieses Jahres ein Desaster.
Nur mit Hilfe eines einheimischen Tierarztes, der unserem Verein sehr nahe steht, konnte gesichert werden, dass es keinen kompletten Stillstand der Kastrationen von Straßentieren gab.
So freuten wir uns alle, als endlich die Herbstplanung anstand.

So Corona will......
Wie oft ich den Satz sagen musste, wenn Fragen kamen wie „Wann geht‘s genau los?“ oder „Wie lange geht die Aktion?“ usw. weiß ich gar nicht, aber wir planten als ob es Corona nicht geben würde.
Das zahlte sich auch aus, denn wir konnten pünktlich starten und zu Anfang lief es wie am Fließband.
Inzwischen sind es ja auch, neben der OP-Besetzung, eingespielte Teams von ehrenamtlichen Helfern.

Sie legen ihren Urlaub in den Zeitraum, um im Wechsel immer eine Woche oder zehn Tage zu helfen. Sie sind mit Freude dabei und so wird so manche Hürde gemeistert und für einen reibungslosen Ablauf gesorgt.
Man kann sich nicht vorstellen wie anstrengend so ein Kastrationstag ist; den ganzen Tag volle Katzenboxen anzunehmen, den „Inhalt“ umzusetzen, sie dann für die OP vorzubereiten, die Box zu reinigen (die meisten Tiere entleeren sich oft durch den Stress), was auch voraussetzt, dass man nicht zimperlich mit unangenehmen Gerüchen ist. Anschließend wird die saubere Box mit einer Einlage ausgestattet und mit den Daten der Katze beschriftet. Dies ist wichtig, damit nach der OP die Katze/Kater auch wieder in die richtige Box zurückgelegt wird, um zu garantieren, dass die Tiere nicht irgendwo ausgesetzt werden, sondern an ihrem angestammten Revier.

Das alles in einem ordentlichen Tempo, denn Antonia und Christina im OP arbeiten ruhig, routiniert aber mehr als zügig. Die täglichen Zahlen lassen uns am nächsten Tag oft zweifeln, ob wir das gestern wirklich alles geschafft haben.
Nach der Operation wird die Box mit „Inhalt“ in den Aufwachraum gebracht. Dort bleiben die Tiere über Nacht, aber nicht ohne später bei den meisten nochmal die Einlage zu wechseln oder bei den wilden Katzen zumindest die schon wieder dreckige herauszuziehen und ihnen ein bisschen zu fressen zu geben, bevor sie am nächsten Morgen von ihren Fängern abgeholt und an ihren Plätze in die Freiheit entlassen werden, um im Gegenzug schon wieder die neuen Tiere für den Tag entgegenzunehmen, die bis dahin gefangen wurden.

Dieser Vorgang wiederholt sich Tag für Tag. Aber das ist noch lange nicht alles. Parallel dazu muss man Griechen, die kein eigenes Equipment haben, Boxen oder Fallen ausleihen damit sie an „ihrer“ Mülltonne erfolgreich sein können. Man muss Fragen beantworten was nach der OP zu beachten ist, muss die nächsten Notfälle aufnehmen, die es auch so gut wie jeden zweiten Tag gibt. Und die sind oft nicht ohne.
Hierbei wird Antonia aus ihrem Kastrationstrott gerissen und muss beurteilen, was zu tun ist. Ein Röntgenbild? Ein Ultraschall? Ein kleiner Eingriff? Ein großer? Alles ist möglich, aber mindestens genauso wichtig wie die Kastration.
Ganz nebenbei werden die stationären Patienten versorgt, die eventuell nach der OP noch nicht wieder fit genug sind oder die wir aufgrund einer Krankheit oder Verletzung betreuen müssen, um sie erst später zu vermitteln. Je nach Schweregrad ihrer Behinderung auch nach Deutschland.

Spätestens am vierten Tag brennt das Feuer dann richtig. Die Fänger bringen mehr Katzen als geplant. Warum das so ist, weiß ich nicht. Es ist, als ob die Fängerteams das OP-Team am Anfang schonen wollen, aber irgendwann ist es vorbei mit der Schonzeit.
Wahrscheinlich wirken sich die ersten Anfütterungstage erst nach dem vierten Tag aus. Dann sind die Katzen etwas zutraulicher, wissen, dass es gleich etwas Leckeres zu essen gibt und schwups, sitzen sie in der Falle.
Das bringt natürlich unseren Tagesplan durcheinander und wir möchten eigentlich vermeiden, dass die OP´s bis tief in die Nacht andauern.
Wegschicken ist aber auch keine Option und uns auch noch nie gelungen.

So war die Entscheidung, spontan eine weitere Tierärztin des Tierärztepools in der zweiten Periode dazu zuholen, schnell gefallen.
In diesen Coronazeiten sollte die Zeit so intensiv wie möglich genutzt werden, weil man nie weiß, wann es wieder einen Stillstand geben wird.
Nun brannte die Luft erst recht!

Als zusätzliche Assistenz im OP, zur Unterstützung von Christina, hatten wir eine einheimische Tierarzthelferin gefunden, denn schon mit Antonia alleine ist Christina voll ausgelastet. Sie oder auch Sabrina vom Tierärztepool sind so mit den Ärzten eingespielt, dass Blicke ausreichen. Die Ruhe im OP verleiht, im Gegensatz zu dem Gewusel davor, der Atmosphäre etwas geisterhaft Schnelles.
So konnten wir also kurzfristig Tanya begeistern, die sich etwas „freischaufeln“ musste und dann für sechs Tage nach Rhodos kam. Ihr Einsatz war eine Punktlandung, denn ihr Rückflug sollte genau auf den Tag des Lockdowns am 7.11, fallen, was wir bei ihrer Ankunft natürlich noch nicht wussten.

Diese gigantischen Einschränkungen betrafen uns nicht mehr so wirklich, denn das Ende der Aktion war in Sicht. Wir hatten alles gegeben, waren ausgelaugt und platt aber auch voller Adrenalin und zufrieden.
Die meisten Helfer aus Deutschland waren vor dem 07. sowieso schon abgereist, trotzdem  bringt so ein schnelles und unvorbereitetes Ende jede Menge Unruhe und Fragen und Stress.
Auf sowas hatten wir alle natürlich gar keine Lust mehr, aber was sollten wir tun?

Nach Recherchen erfuhren wir, dass es trotz Lockdowns noch Flüge bis zum 9.11. geben wird damit die letzten Touristen eine Chance erhielten, die Insel zu verlassen.
Also wurde Christinas Flug auf den 9.11. umgebucht, was aber zur Folge hatte, dass sie alle, bereits eingebuchten Tiere, nicht mitnehmen konnte. So ging es dann auch leider noch anderen Helfern.
Für uns bedeutet das, dass wir die schwer verletzten oder weiterhin zu behandelnden Tiere so lange auf der Insel lassen müssen, bis es hoffentlich irgendwann im Winter nochmal Flüge geben wird.
Solange müssen sie nun bei unserer lokalen Tierärztin in Pflege bleiben. Das ist ärgerlich und schade, denn in Deutschland standen alle Pflegestellen bereit und die Abholung etc. war schon organisiert.
Einen abrupten Abbruch wird es trotzdem nicht geben, denn ab jetzt wird Antonia alle Termine noch abarbeiten, die schon vorher vereinbart waren. Ein Lockdown kann Antonia nicht aufhalten und so wird sie die restlichen Tage mit der griechischen Helferin Dimitra und einige unserer einheimischen Helfer und Freunde nutzen.

Die Zahlen der letzten 25 Arbeitstage bis Dato belaufen sich auf 586 Katze, 462 Kater, 24 Hündinnen,14 Rüden. Stand 10.11.20 die letzten Tage kommen später noch dazu. Von den nebenbei geleisteten Operationen, bei denen auch die lokalen Tierärzte geholfen haben, (Augen-ex, Zahnbehandlungen, Verletzungen, Tumore etc.) will ich gar nicht schreiben, denn die sind dieses Mal besonders viel.
Ich glaube, es bedarf keiner weiteren Ausführung, was wieder geleistet wurde und wir sind mehr als glücklich über dieses unglaubliche Ergebnis.

Wenn unsere Finanzen es zulassen, werden wir auch für den Rest des Jahres weiterhin mit dem lokalen Kollegen kastrieren. Diese Zusammenarbeit festigt unseren Stand, sie ermöglicht die Kastration außerhalb unserer Marathoneinsätze und wir können monatlich bis zu weiteren 100 (durchschnittlich) Kastrationen verzeichnen.
Das Ziel, dass irgendwann die Griechen das Problem ohne uns lösen können, sollten wir nie aus den Augen verlieren. Noch ist es nicht so weit, aber rückblickend erscheinen vor meinen Augen immer mehr Einheimische mit großartiger Energie, die etwas verändern wollen. Neben den Kastrationszahlen einer der größten Erfolge unserer Arbeit.

2020 konnten wir rund 3300 Tiere unfruchtbar machen. Ich nenne die Zahl der dadurch nicht Geborenen absichtlich nicht. Das können Sie selber nachrechnen, denn dann bin ich mir sicher, dass Sie genauso mitfiebern, wie wir alle.
Wir sind noch lange nicht fertig, brauchen gerade jetzt Ihre Unterstützung, weil wir wissen, dass es einen nachhaltigeren Tierschutz nicht geben kann.
Ob mit Lockdown oder ohne, ob davor, dazwischen oder danach, keiner von uns gibt eher auf, bis wir die Insel unter Kontrolle haben. Noch gibt es Hotspots, an denen viele Tiere leben, die wir noch kastrieren müssen. Aber es gibt endlos viele Stellen, an denen das Leben lebenswert ist und nicht Jahr für Jahr sinnlos vernichtet wird.

Danke an alle die uns bei diesem Großeinsatz wie immer unter die „Flügel“ gegriffen haben.
Andrea Wegner
flying cats e.V.

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Der Förderverein Arche Noah Kreta e.V. ist ein tiermedizinisch orientierter Tierschutzverein, dessen Schwerpunkt die Kastration von Straßentieren ist. Das Team besteht aus mehreren Tierärztinnen und Helferinnen, die international Kastrationsaktionen durchführen.
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In vielen unserer Projekte werden regelmässig Helfer benötigt. Manchmal brauchen wir tiermedizinisch vorgebildete Unterstützung. Manchmal einfach Menschen, die die Tiere vor und nach der OP betreuen, Boxen waschen und anpacken, wo Hilfe benötigt wird. Wenn Ihr der Meinung seid, dass wir Euch kennenlernen sollten, sendet uns eine Email an   jobs@tieraerztepool.de.
Oft aber kann jeder einfach helfen - so zum Beispiel bei den Kastrationsprojekten auf Rhodos oder in Epanomi. Hier werden Leute benötigt, die Katzen vom und zum Fangort fahren, Fallen und Boxen reinigen usw.

In den Helfergruppen auf Facebook könnt Ihr Euch vernetzen:

  Flying Cats e.V. - Kastrationsprojekt Rhodos - Helfer

  ACE - Tiere in Not (Epanomi)

TierInsel Umut Evi e.V.: Kontaktaufnahme über tierinsel-tuerkei-vorstand@t-online.de