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Robbie

von Sara Kohl

Jeder Topf findet seinen Deckel – oder das Los einer Pflegestelle

Manchmal gibt es Dinge, die kann man sich nicht so richtig erklären. Da hat man einen Hund in der Vermittlung, der eigentlich dem entspricht, was die Leute normalerweise so anspricht. Er sieht nett aus, hat ein Helles Fell, eine gute Größe und ist mit 3 Jahren im perfekten Alter. Aus dem gröbsten Junghund-Flegel-Dasein raus und doch noch jung genug, um noch eine lange Zeit vor sich zu haben. Auch wenn der Hund dann ein paar Baustellen hat, denkt man sich, ok, dass sollte kein Problem sein, den zu vermitteln. An Baustellen kann man ja arbeiten. Und was passiert? – NIX – keine Anfragen.

Man beginnt zu grübeln, woran liegt’s? Sind Bilder oder Text nicht ansprechend? Zu positiv oder zu negativ beschrieben? Hat man ihn auf den falschen Plattformen eingestellt? Muss man die Reichweite erhöhen? Oder liegt es an einem selber, dass man zu Kritisch mit Anfragen umgeht? Aber wie sollte man das denn, wenn nicht mal welche kommen? Also dreht man an diversen Stellschrauben, um doch ein Zuhause für den Hund zu finden. Er soll ja „seinen Platz“ bekommen und glücklich sein. Wochen, Monate vergehen. Mal einzelne Anfragen, die nicht passend sind. Man ist frustriert, weil Interessenten öfter mal die Texte nicht richtig lesen und man immer wieder das Gleiche erklärt. Die ersten Stimmen werden laut: „ach der bleibt dir doch eh“ oder „der ist jetzt schon so lange bei dir, den kannst doch gar nicht vermitteln“ und immer wieder muss man sagen, doch ich werde ihn vermitteln. Natürlich geb ich den her, ich bin ja nur Pflegestelle. Pflegestelle sein, heißt Sprungbrett zu sein und nicht Dauerplatz. Aber gleichzeitig überlegt man auch, wie lange ist man denn Pflegestelle? Ab wann ist es dem Hund gegenüber nicht mehr gerecht, ihn nochmal umzusiedeln? Aber ist es denn richtig, den Hund auf einer für ihn nicht perfekten Pflegestelle zu lassen, nur weil man keinen Platz findet? Anderseits fragt man sich aber natürlich auch, warum muss ich den Hund immer noch bei mir haben, obwohl es weder für den Hund noch für mich passt? Aber wo passt es denn? Man stellt die Anfrage, ob man den Hund nicht umsiedeln kann, damit er neue Eindrücke bekommt, mehr mit ihm gearbeitet werden kann und er mehr Auslastung bekommt. Ohne Erfolg, es gibt keine freien passenden Plätze. Und man sagt sich wieder, ich bin Pflegestelle. Ich hab mich dafür entschieden, den Hund zu beherbergen, bis er sein Zuhause gefunden hat. Zähne zusammen beißen und weiter durch. Jeder Topf findet seinen Deckel!

Sie fragen sich jetzt sicher, wie kommt es dazu, dass man sowas schreibt? Ganz einfach, ich möchte zeigen, dass Pflegestelle sein etwas ganz Tolles ist, das es manchmal auch bittere Zeiten gibt, aber dass man die Hoffnung nie aufgeben darf. Jeder der mich kennt, weiß von wem ich rede, ich möchte Sie aber auch nicht im Dunkeln tappen lassen und erzähle Ihnen die Geschichte von diesem Hund.

Robbie, der Hübsche, der Schmusekönig, der Kasperclown, der Kuscheltierzerstörer.
Aber auch Robbie, die Jagdsau, die Schissbuxe, der Besucher-Verbeller und die Nervensäge

Robbie, dich habe ich im November 2017 von einem unserer Kastrationseinsätze auf Rhodos mitgebracht. Bereits ein Jahr davor warst du mir aufgefallen und dieses Mal nahm ich dich mit. So einen aktiven Hund, weiter in der Enge der Zwinger hocken zu lassen wollte ich nicht. Eigentlich für eine andere Pflegestelle vorgesehen, auf der es nicht geklappt hat, bist du im Dezember 2017 zu mir gekommen. Der Anfang war holprig. Vor so vielen Dingen hattest du Angst, warst mega schnell beeindruckt, wenn man mal gemeckert hat. Aber gleichzeitig wolltest du von Anfang an „Chef“ sein und alle Entscheidungen treffen. Passt irgendwie nicht zusammen. Im Gegenzug hast du alle mit deinem Kuschelcharme um den Finger gewickelt. Denn wenn du jemand mal gern hattest, dann wärst du am liebsten in den Menschen reingeschlüpft  Deine Bewegungsfreude ist riesig. Am liebsten hätte dein Alltag aus Spielen, Rennen, Kuscheln und Fressen bestanden. Als Vollzeitberufstätige, mit noch anderen Pflegehunden, (teilweise Ruhebedürftigen Senioren) und einem auch noch jungen Spitz-Mischlingsknallkopf und der Tierschutzarbeit nebenher, bleibt irgendwie nicht genug Zeit übrig für dich. Du hast nach Aufmerksamkeit gebettelt, warst aufdringlich, nervig, ein ADHS-Hundchen halt. Je mehr du aufgedreht hast, desto genervter war ich von dir. Und zeitgleich war ich auch immer frustrierter und trauriger, weil ich genau gesehen hab, was du brauchst. Aufmerksamkeit, Beschäftigung, jemand der dir Sicherheit gibt und den du als Chef anerkennst. Ich hab gesehen, dass ich es dir nicht geben kann. Eine doofe Spirale in der man sich da befindet. Denn je mehr ich dich weg geschoben hab, desto mehr hast du gequengelt – Zu Recht. Dann lagen wir wieder Abends zusammen auf dem Sofa beim Kuscheln und es hat alles wieder wett gemacht. Denn trotz allem hab ich dich ganz schön lieb, kleine Knalltüte.
Auf der Hundewiese warst du immer happy, einfach rennen, rennen, rennen. Mit der Zeit ging es auch bei manchen Spaziergängen in ganz übersichtlichem Gelände. Da hat man dann gemerkt, wie glücklich dich das gemacht hat. Und ich hab mir immer sooooo gewünscht, dass du bald einen Platz findest, bei dem du das viel öfter haben kannst. Nicht nur einmal die Woche am Wochenende.

Lieber Robbie, wir sind in deiner Zeit hier beide durch eine harte Schule gegangen. Du, weil du soviel Frust aushalten musstest und nicht wusstest, wohin mit deiner Energie. Und ich, weil ich deine Energie aushalten musste. Vorallem im Zusammenspiel mit Dimi. Ihre beiden habt euch gegenseitig so hochgepuscht. Eine einzige Katastrophe die mich fast in den Wahnsinn getrieben hat. Und ich habe es einfach nicht geschafft, von dir als „Chef“ akzeptiert zu werden. In Alltagssituationen ging's schon, aber wenns hart auf hart kam, hast du für dich selber entschieden. Das hat es nicht einfach gemacht.
Aber wir hatten auch so viele schöne Momente und Erfolgssituationen. Wie z.B. beim Mantrailing, das erste Mal Freilauf, die ersten Agility-Versuche. Die Situationen, wo du draußen bei Unsicherheit, meine Nähe gesucht hast als Schutz und nicht zu vergessen die unendlich vielen Kuschelstunden. Und nicht zu vergessen, als absolutes Highlight, unser gemeinsamer Hundeurlaub. Nur du und ich. Du warst so glücklich und entspannt, wie nie zuvor. Immer was los und Frauchen für dich allein mit viel Zeit.

Immer hab ich gesagt, du brauchst einen anderen Platz und hab es dir so gewünscht. Jetzt ist es wahr geworden. Nach 3 Jahren bei mir hat sich eine Familie gemeldet, die es mit dir Versuchen wollte, obwohl du dich beim Kennenlernen, nicht von deiner besten Seite gezeigt hast. Die es sich zutraut hat, an deinen Baustellen zu arbeiten und den Alltag mit dir zu meistern. Vor 4 Wochen habe ich dich deinem neuen Herrschen gebracht. Hab deine Angst gesehen, weil ich dich in ein fremdes Auto gepackt hab, zu einem fremden Menschen, einem fremden Hund. Ich hab als du abgefahren bist, so geweint, weil ich es dir ja nicht erklären konnte, dass das jetzt DEINE Chance ist. Die Chance auf einen Platz, bei jemand der dir Sicherheit vermitteln kann, bei einer tollen Familie, die viele Hände zum Streicheln hat, aber dir auch viel Auslastung bieten kann. Die einen tollen Kumpel für dich hat, der mit seiner Ruhe dir mehr Ruhe schenken kann. Was hab ich die ersten Tage gezittert, ob gleich der Anruf kommt und ich dich wieder abholen muss. Aber ich hab dich unterschätzt. Als wenn du es doch gewusst hast, hast du dich von Anfang an vernünftig benommen. Hast dich darauf eingelassen und hast in der kurzen Zeit so viele Fortschritte gemacht.

Kleiner, ich bin so mega stolz auf dich und so glücklich, dass du nach 3 Jahren, endlich deinen Platz, deine Menschen und dein Zuhause gefunden hast. Bei Menschen, die dich in der kurzen Zeit schon so lieb gewonnen haben, dass sie dich trotz all deiner Macken und Baustellen nicht mehr hergeben möchten und die bereit sind, mit dir daran zu arbeiten.
Kleiner, ich wünsche dir alles Glück dieser Welt und freu mich dich bald wieder zu sehen. Du bleibst fest in meinem Herzen verankert und wirst immer einen Platz bei mir haben.

Auch wenn es mal länger dauert – jeder Topf findet seinen Deckel!

Alles Liebe und immer schön brav bleiben, Bube!

Dein Ex-Pflegefrauchen
Sara

 

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