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Er hatte keinen Namen, kam ohne Vorgeschichte. Die Tierschützerin, die ihn eingefangen hatte, wusste nicht einmal, ob er wild oder freundlich war.
Wir wussten nichts über ihn. Wo er wohnte, wie alt er war, was er erlebt hatte.
Er war dreckig, nur noch Haut und Knochen und hatte eine eitrige Fistel, die vom Unterkiefer bis unter das Kinn reichte. Ein trauriger Anblick.
Ihm war das anscheinend egal, er wollte nur eins: gekrault werden, am liebsten den ganzen Tag. Schnurrend lief er in dem kleinen Nebenraum umher, den wir ihm eingerichtet hatten. Blut hatten wir ihm natürlich schon abgenommen, aber am Wochenende kann man lange auf ein Ergebnis warten.
"Am Montag wird sich zeigen, ob wir noch etwas für dich tun können oder ob deine Nieren kaputt sind." "Miau!", entgegnete er heiser.
Er aß nicht und trank nicht, auch Harn- und Kotabsatz waren schwierig, doch immer, wenn wir den kleinen Raum betraten, stürmte er uns entgegen und rieb sein Köpfchen an unseren Beinen.
Dann kam der Montag und mit ihm die Blutergebnisse. Man weiß, dass es schlecht um ein Tier steht, wenn ein paar der Zahlen rot markiert sind... Sein Blutbild bestand fast nur aus roten Zahlen. Die Nieren waren kaum noch funktionstüchtig,
Wir nahmen uns Zeit, um uns zu verabschieden. Gemeinsam kraulten wir ihn in den Schlaf. Wie er uns in den zwei Tagen ans Herz gewachsen war, ist einerseits erschreckend - andererseits erleben wir Situationen wie diese immer wieder.
Dein heiseres "Miau" wird uns fehlen! Auch wenn wir sonst nichts von Dir wussten, deine Anwesenheit war eine Bereicherung. Du hattest zwar keinen Namen, aber für uns warst du nicht unsichtbar.