Wie alles begann
Ein Text von Kathy Wilken
Eine Freundin erzählte mir von diesem tollen Tierschutzprojekt auf Kreta, wo sie ein mehrmonatiges Praktikum gemacht hatte. Sie schwärmte davon, wie schön es war und was sie alles dort machen durfte.
Ich arbeite in einer privat geführten Tierklinik und der Arbeitsalltag kann einen schnell einholen. Ich spürte, dass ich weiter in die Welt hinaus möchte. Neues erleben und dort helfen, wo Hilfe nötig ist.
So kam ich an die Nummer von Thomas Busch. Er vereinbarte ein Treffen mit mir um erstmal zu sehen, wer ich überhaupt bin.
Wir trafen uns in München in einem kleinen Café und so lernte ich auch Melanie kennen, verantwortlich für die Einsatzplanung und selbst Chirurgin beim Tierärztepool.
Sie erzählten mir endlos viel über den Verein und wenn ich zukünftig mitarbeiten würde, könnte es anstrengend werden. Um das kennenzulernen würden ein paar Tage Probearbeiten reichen und Dr. Marga Keyl, eine Kollegin der beiden und auch beim Tierärztepool beschäftigt, wäre jetzt gerade auf Kreta…
Das alles klang genau nach dem, wofür ich meine Ausbildung als Tiermedizinische Fachangestellte gemacht habe.
Die Vorfreude stieg!
Mein Flugzeug nach Kreta hatte die Maus von „die Sendung mit der Maus“ auf dem Heck. Das sah ich schon mal als gutes Omen.
Bisher hatte ich nur mit Marga geschrieben, sie würde mich und eine andere Praktikantin am Flughafen abholen.
Alles nur Namen, ich kannte noch keine Gesichter.
Der Flug war mein erster in diesem Jahr und ich genoss ihn in vollen Zügen. Ich startete bei acht Grad in München und landete bei angenehmen 21 Grad in Heraklion. In Heraklions kleinem Flughafen, würde ich jetzt die nächsten vier Stunden verbringen, solange, bis auch die zweite Praktikantin gelandet sei. Also nahm ich mir mein Buch und vertiefte mich darin.
So lange, bis Marga mir schrieb, dass sie „hinter den Reisebussen“ warten würde. Ich wusste ja nicht, wie Marga aussieht, und doch sah ich sie von Weitem und sie winkte mir zu. Auch sie hatte mich erkannt, ohne das wir uns je zuvor begegnet waren.
Wir luden mein Gepäck ins Auto und warteten noch kurz auf die andere Praktikantin
Mein erster Eindruck von Marga: Sympathisch!
Während der Fahrt zum New Life Resort (NLR) erzählte uns Marga viel über ihre bisherigen Erlebnisse seit sie beim Verein mitwirkt. So schön Kreta auch sei, die Kapverdischen Inseln seien ihr „Baby“, meinte sie ganz stolz.
Ihre Leidenschaft steckte mich sofort an und ich war sehr gespannt auf die kommenden Tage.
Wir kamen im NLR an und wurden von allen Hausbewohnern freundlich begrüßt. Ich fühlte mich sofort wohl. Denno der Hausherr, ein eigenwilliger Kater, hat mich akzeptiert und erstmal besetzt. Wir fütterten alle (einschließlich uns ;)) und dann hieß es nochmal kurz rausfahren um an einer Stelle noch ein paar Katzen für die morgige Kastration zu fangen. Eine lange Eingewöhnungszeit gab es nicht…
Leider war das Fangen aufgrund der starken Stürme weniger erfolgreich und wir fuhren ohne Katzen wieder heim.
Der nächste Morgen begann damit, dass wir das Auto für die Klinik packten und eine große Futterrunde starteten. Bei den Hundezwingern wartete Bella, eine schwarze Hündin, und eine Vierergruppe Katzen aufs Futter, beim Haus die große Gruppe Katzen mit Behinderungen mit Tassos, dem alten Hofhund mit eigenen Rechten. In der Station zwei Katzenmamas mit ihren Kindern und ein Kater mit einer großen Wunde, sowie die süße, verschnupfte, schwarze Katze, die ebenfalls hungrig am Gitter entlang strich. Auch die zwei FeLV positiven Kater, die ein großes Innen- und Außengehege ihr Eigen nennen durften, wurden versorgt.
Kaum fertig hieß es: Abfahrt zur Klinik in Zouridi.
Bei der Ankunft warteten schon zwei Griechen mit ihren Katzen, sowie Gerlinde. Gerlinde ist eine Helferin des Vereins und koordiniert die gesamte Aktion in und um Rethymno. Ihr Telefon steht nie still. Natürlich hatte auch Gerlinde schon Tiere gefangen.
Schneller als erwartet war alles vorbereitet und es konnte losgehen mit den Operationen. Ich besaß zwar schon Erfahrung im OP aus der Tierklinik, allerdings kannte ich hier den Ablauf nicht. Was daheim mit Geräten überwacht wird, lief hier nur durch Aufmerksamkeit und gute Beobachtung. Eine komplette Umstellung. Gerlinde zeigte mir mit geübten Handgriffen, wie ich die Katzen in ihren Quetschkäfigen für die Kastration vorzubereiten habe. Ich war natürlich noch sehr langsam und bewunderte, was für ein eingespieltes Team Marga und Gerlinde sind.
Der OP Tag verging dann super schnell, unterbrochen durch das leckere Mittagessen das uns eine liebe Tierfreundin aus Rethymno vorbeibrachte. Nach 24 Operationen räumten wir die Klinik auf, der Sterilisator wurde ausgeschaltet und wir beendeten den ersten Tag recht früh gegen 15 Uhr. Eine Ausnahme wegen des Wetters, betonte Marga.
Jetzt hieß es heimfahren, die Katzen mitnehmen, die nicht mehr in Gerlindes Wagen passten und im NLR die erneute, zweite Futterrunde drehen.
Wir setzten die Babys der Katzenmama um und „dockten“ ihre drei Adoptivkinder an ihre Zitzen, damit diese auch mal in Ruhe ihre Milch trinken konnten.
So süße Babys!!!
Später am Abend brachte eine Tierschützerin uns noch zwei von Maden befallene Kitten. Erst ein paar Tage alt und schon mit dem Tod ihrer Mutter konfrontiert. Wir versuchten sie von den Maden zu befreien, doch leider war der Schaden zu groß. Das eine Kitten überlebte die Nacht nicht.
Ein trauriger Morgen. Und doch hatten die vielen anderen Gesichter der Tiere, die so viel Dankbarkeit und Wärme ausstrahlten, eine aufmunternde Wirkung auf mich.
Der zweite Tag in der Klinik ging noch schneller vorbei. Durch die Stürme, die es in diese Jahreszeit immer mal wieder gibt, konnten fast keine Katzen gefangen werden. Die, die noch vom Vortag bei uns waren, wurden an ihre Fangplätze zurückgebracht.
Am letzten Abend fragte Marga mich grinsend, wie denn mein weiterer Plan in der Tierklinik in München so aussehen würde. Meine Augen wurden groß. Sie will mich dabei haben!? Was für eine tolle Aussicht. Mein Vertrag läuft sowieso im August aus und was danach kommt… Ich wäre für alles offen.
Und jetzt diese Perspektive! Bei einem sehr nachhaltig arbeitenden Tierschutzverein mitwirken, wie ich es mir meine ganze Jugend lang vorgestellt hatte. Ein Traum geht quasi von allein in Erfüllung. Ein Hochgefühl stellte sich bei mir ein.
Obwohl ich heimfliegen musste, wusste ich: Dieses Ende ist erst der Anfang! Bald würde ich wiederkommen! Und dann als Teammitglied!
Eure
Kathy Wilken