Fünf Wochen lang erwartete uns jeden Morgen dieser Anblick: Aufgereihte Boxen mit wartenden Hunden und Katzen. Fünf Wochen lang lag unser Fokus den ganzen Tag über darauf, die Tiere möglichst schnell, schonend und sicher zu operieren, damit sie zeitnah wieder an die Besitzer übergeben werden können. Fünf Wochen lang gaben unsere tollen Helfer in Slatina alles.
Wir alle sind erschöpft, aber stolz über dieses Ergebnis: 597 Kastrationen (285 Hündinnen, 51 Rüden, 184 Katzen, 77 Kater).
Während ich operiere, verfolge ich meist die Gespräche vor dem OP. Es ist die Rede von einem jungen Hund, der in einem Feld ausgesetzt wurde. Er sei sehr dünn und schwach. „Sie sollen ihn bringen!“ rufe ich durchs Fenster.
Wenig später blicke ich in diese Augen. Sie sprechen Bände. Sie erzählen von Kraftlosigkeit, Erschöpfung und von einer tiefen Traurigkeit.
Die Untersuchung zeigt einen extrem abgemagerten Zustand, weiss- gelbliche Schleimhäute, eine ehemals am Hals eingewachsene Kette und
Unterschiedlicher könnten unsere Patienten manchmal nicht sein. Der eine wohlbehütet, gar frisch gebadet, der andere verfilzt und völlig vernachlässigt. Am Anfang ihres Lebens waren sie beide gleich, doch dann nahm für den einen alles einen guten Lauf, während es für den anderen in eine unschöne Richtung ging. Traurige und unfaire Realität.
Zusammen mit A.C.E. - Tiere in Not e.V. führen wir derzeit eine Kastrationsaktion in Epanomi durch.
Die ersten 90 Hunde und Katzen konnten wir bereits kastrieren. Ein fleißiges Team von Menschen vor Ort und angereisten Helfer:innen sorgt für einen beeindruckend perfekten Ablauf. Die Tiere werden vor und nach der Operation liebevoll mit allem versorgt, das sie benötigen.
Die an unserem Fenster vorbei fliegenden Cumuluswolken erinnern mich an eine Schafherde. Friedlich, wie an unsichtbaren Fäden, hängen die weißen Wattebausche am strahlend blauen Himmel. Vor mir sitzen Micha und Spiro, meine fleißigen Teammitglieder des letzen Einsatzes. Gedanklich sind wir zwischen den 150 anderen Fluggästen und unserer Hündin Emma, die im Frachtraum mitreist, isoliert. Denn nur wir wissen von den Zuständen im Tierheim Veria. Emma noch viel intensiver als wir. Sie lebte dort. Ob
Wohin man sich auch immer bewegt in Südrumänien, man stößt auf Rudel von Straßenhunden. Man wird konfrontiert mit Hunger, Krankheiten und dem verheerenden Zyklus von immer neu entstehenden Nachwuchs. Man hat das Gefühl nie genug zu tun und kann daher auch an freien Tagen unmöglich abschalten. Eine belastende Situation für alle Beteiligten vor Ort.
Hundefallen sind unverzichtbar während unserer Einsätze in Rumänien. Sei es um misstrauische Hunde zur Kastration einzufangen oder, wie in diesem Fall, um einen ausgesetzten Hund in Sicherheit zu bringen.
Vor einigen Wochen kam Lovis in erbärmlichem Zustand zu uns. Während einer Kastrationsaktion wurde sie eingefangen. Sie war nicht nur stark abgemagert und litt unter Hauptproblemen, auch hatte sie einen Eierstockstumor enormen Ausmaßes. Doch dies alles hat die alte Dame jetzt hinter sich gelassen! Sie geniest das gute Leben auf ihrer Pflegestelle in vollen Zügen. Und wenn sie dann hoffentlich bald ihr endgültiges Zuhause findet, ist ihr großes Glück perfekt.
Da wir in einer Vorderpfote ein Bleigeschoss unter der Haut fanden, liegt die Vermutung nahe, dass auch diese Rückenwunde ursprünglich durch weitere dieser Art herbeigeführt wurde.
Was hingegen in einem Menschen vorgeht, der einem Tier derartiges zufügt, können wir nicht erahnen.
Immerhin können wir ihm nun mit Chirurgie und liebevoller Nachbehandlung eine Chance auf Heilung geben.
Organisation ist alles. Bei 20-30 Tieren jeden Tag, will wohl organisiert sein, welches Tier in welche Box gehört und welcher Besitzer angerufen werden muss, sobald das Tier wach ist. Nur so können wir uns voll auf die Abläufe im OP konzentrieren. Hier in Slatina läuft dies wie immer vorbildlich!
